Rennsteigwanderung II
(Thüringer Schiefergebirge)
55km 3 Tage 1606hm
Im Jahr 1989 bin ich bereits den Rennsteig von Hütte zu Hütte gegangen. In Neuhaus am Rennweg war dann die Tour aufgrund des damaligen Grenzverlaufes beendet. Bei einer Radtour auf dem Saaleradweg sind wir in Blankenstein (Saale) an einem Wanderstützpunkt vorbeigekommen und haben dort ein sehr leckeres Rostbrätel gegessen. Als ich das Schild mit dem Endpunkt des Rennsteiges vor dem Stützpunkt gesehen habe, war schnell klar, dass ich diese letzten Etappen des Rennsteiges noch gehen muss. Schnell war die Tour organisiert und es meldeten sich auch gleich ein paar Mitwanderer/-innen, die mich begleiten wollten. Im September standen wir dann wieder in Thüringen am Rennsteig und machten aus auf den Weg.
Der Rennsteig ist ein Kammweg, der auf den Höhen des Thüringer Waldes entlangführt und ist mit fast 700 Jahren der älteste Wanderweg Deutschlands. Auf 169 Kilometer führt er von Hörschel nach Blankenstein und wird in der heutigen Zeit in sechs Etappen begangen. Dabei durchquert der Rennsteig den Thüringer Wald, das Thüringer Schiefergebirge und den Frankenwald. Im Verlauf des Wanderweges wird die innerdeutsche Grenze sechsmal überschritten. Man findet viele Unterkünfte, Gasthäuser und Schutzhütten am Weg. Gekennzeichnet ist der Wegverlauf mit einem weißen R. Oft wurde dieses auch nur auf einem Stein aufgezeichnet. Davon gab es in früheren Jahren 1300 Steine. In der neueren Zeit wurden auch geschnitzte Holzschilder aufgestellt. Interessant sind 13 Dreiherrensteine, die die Grenzlinie zwischen Fürstentümern, Herzogtümern und Königreichen markierten. 10 Dreiherrensteine können direkt am Rennsteig besichtigt werden. Der Rennsteig wurde im Freistaat Thüringen als Kulturdenkmal eingetragen. Geschützt wurden alle Grenzsteine, Wegweiser, Wegkreuzungen und Schrifttafeln. Tradition wird auf dem Rennsteig ganz groß geschrieben. Der Wanderweg hat einen speziellen Song, nämlich das Rennsteiglied und das weiße "R", die Markierung des Rennsteigs, hat sogar einen eigenen Namen. Sie heißen Mareile und wurden benannt nach der hübschen Tochter eines Thüringer Försters.
Wir stiegen wieder in Neuhaus am Rennweg in den Rennsteig ein und gingen an drei Tagen bis nach Blankenstein an der Saale. Dabei legten wir mit 55 Kilometern ein knappes Drittel des Gesamtweges zurück. Auf den letzten Abschnitten gibt es leider keine Rennsteighütten, aber es wurden neue Rennsteighäuser errichtet, die den Wanderern und Sportlern Unterkünfte, Aufenthaltsräume und Umkleidemöglichkeite bieten. Unterwegs sind die Einkehrmöglichkeiten nur noch in recht geringer Zahl gegeben. Also muss Verpflegung mitgenommen werden. Rastplätze und Unterstandshütten gibt es sehr viele am Weg.
11,8km 3,0h 93hm 237hm leicht
Wir waren früh in Berlin gestartet und schafften den Bus um 10 Uhr in Saalfeld, nachdem wir die Autos geparkt und uns für die Wanderung umzogen hatten. Der Bus brauchte eine Stunde bis zum (1) Bahnhof in Neuhaus am Rennweg 830m, dem höchstgelegenen im Thüringer Wald. In der Nähe der Bushaltestelle befindet sich die Touristeninformation der Stadt. Dort holten wir uns den Schlüssel für die Stadtkirche und gingen die Straße bergab zum Gebäude. Wir bekamen noch eine Aufgabe mit, die wir bei der Besichtigung lösen sollten. Der Bau der Kirche begann im Jahr 1891. Schon ein Jahr später war sie fertiggestellt und wurde geweiht. Sie wurde als eine sogenannte erzählende Kirche errichtet. Wir sollten anhand der Schnitzereien und Gestaltung erkennen, um welches Thema es sich handelt. Anhand der Reben, die an den Kronleuchtern, der Kanzel und den Fenstern abgebildet wurden, konnte man auf die Jesusworte aus dem Johannesevangelium 15.5 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" kommen. Durch die schlichte und einfache Bauweise wurde die Stadtkirche zu einem Wahrzeichen der Stadt auf dem Rennsteig.
Nachdem wir den Schlüssel abgegeben hatte, konnten wir in der Touristeninformation noch eine Soljanka essen und einen Kaffee trinken. Dann gingen wir aber los, denn wir hatten noch einige Kilometer vor uns. Direkt an der Information stand das erste R und wir folgten diesem in Richtung Osten. Zuerst ging es noch etwas an der Straße entlang, dann bog aber der Weg nach links ab. Dort stand ein Stein im Garten eines Hauses, der uns zeigte, dass es noch 51 Kilometer bis zum Endpunkt des Rennsteiges bei Blankenstein sind. Wir folgten der Straße und gingen noch am Rennsteighaus vorbei, welches den Wanderern und Sportlern Aufenthalts- und Umkleideräume bietet. Danach verließen wir Neuhaus und wanderten weiter bis (2) Ernstthal 770m. Am Ortseingang stand dort ein alter Grenzstein aus dem Jahre 1592. Wir gingen in einem größeren Bogen um den Ort herum und querten am Denkmal des Thüringer Wintersportverband die Piesauer Straße. Dieses wurde nach dem i. Weltkrieg für die gefallenen Sportler errichtet. Nun stieg der Weg zum (3) Unterstand Laubeshütte 820m und dem Frankenwaldblick hinauf. Die Hütte steht auf einer Ebene, die wir überquerten. Der Weg fiel im Anschluss langsam ab. Danach erreichten wir die Weggabelung am Triniusblick. Heinrich August Trinius wanderte durch den Thüringer Wald und beschrieb die Wanderungen Ende des 19. Jahrhunderts in seinen Büchern. Als nächstes erreichten wir einen alten Griffelsteinbruch. Auf einem Hinweisschild erfuhren wir, dass an dieser Stelle bis Mitte des 20. Jahrhunderts der schwarzblaue Schiefer für die Herstellung von Stiften (Griffel) gewonnen. In unmittelbarer Nähe befindet sich der (4) Berggasthof Brand 776m. Hier standen früher die Hütten der Arbeiter aus dem Schieferbruch. Heute stehen hier die typischen Finnhütten, die gemietet werden können. Leider hatte der Berggasthof geschlossen. Deshalb hatte ich das Quartier in Spechtsbrunn gebucht. Bis dorthin mussten wir noch einmal 2 Kilometer weiter gehen. Wir passierten den Roten Berg und gingen dann hinunter in den Ort. An der Kreuzung befand sich das (5) Gasthaus am Rennsteig 687m. Hier hatten wir einige Zimmer reserviert.
Im Gasthaus wurden wir sehr freundlich empfangen. Es gab ausreichend Zimmer und wir konnten es uns bequem machen. Nach dem Duschen gab es ein sehr gutes Kellerbier im Gastraum. Am Abend wurden ein paar typische Gerichte der Region angeboten. Leider gab es keine typischen Thüringer Klöße. Wir erfuhren noch einiges zur Geschichte des Ortes, der unmittelbar an der innerdeutschen Grenze gelegen hatte.
Bildergalerie:
1) Neuhaus am Rennweg 830m- 2) Ernstthal 770m
- 3) Unterstand Laubeshütte 820m
- 4) Berggasthof Brand 776m
- 5) Gasthaus am Rennsteig 687m
22,4km 6,0h 319hm 328hm leicht
Am Morgen bekamen wir ein sehr gutes Frühstück im Gasthaus. Wir ließen uns etwas Zeit. Aber nicht zu viel, denn für den heutigen Tag gab es eine sehr lange Etappe zu gehen. Da ein Teil des Weges direkt an der Straße nach Steinbach entlang führt, wurde ein Alternativweg eingerichtet. Der ist aber etwas länger als der Abschnitt auf dem Rennsteig.
Vom (1) Gasthaus am Rennsteig 687m gingen wir wenige Meter die Straße in Spechtsbrunn weiter und bogen dann in den Wald ab. Der Weg stieg leicht an. Neben dem Weg gab es eine sehr schön gestaltete Bank zum Ausruhen. Wir wanderten bis zum (2) Rasthaus Kalte Küche 688m. Dort befindet sich das Naturparkinformationszentrum von Spechtsbrunn an einem der bedeutendsten Passübergänge des Thüringer Waldes. Früher querte hier die Handels- und Heerstraße Nürnberg-Coburg-Neustadt-Oberlind-Judenbach das Gebirge und führte über Gräfenthal nach Saalfeld und Leipzig. Weiter ging es nun durch den dichten Wald und über Bergwiesen zur Frankenwaldhütte mit dem (3) Zollhaus Schildwiese 700m. Hier stand seit dem 15. Jahrhundert ein Zollhaus zwischen der brandenburgischen Herrschaft Lauenstein (heute Bayern) und der sächsischen Herrschaft Gräfental (heute Thüringen). An der Kreuzung mussten wir uns entscheiden, ob wir die alternative Route gehen oder den alten Rennsteig an der Straße weiter gehen wollten. Bei dem Verkehr an der Straße war die Entscheidung schnell gefallen. Allerdings ist die alternative Route ca. 3 Kilometer länger und um einige Höhenmeter anspruchsvoller. In einem stetigen Auf und Ab wanderten wir durch die Wälder, die aber auch schon sehr ausgedünnt waren. Vorbei an dem kleinen Rastplatz an der Quelle Wallersbrunn gelangten wir zur Wegkreuzung (4) Roter Turm 680m. Früher, Ende des 17. Jahrhundert, war hier ein Jagdsammelplatz, an dem eine große Tanne zur Orientierung stand. Die wurde auch als der rote Turm bezeichnet. Danach galt es noch einen Hügel zu überwinden und dann den Abstieg nach (5) Steinbach im Wald 605m. Im Anschluss folgten wir dem originalen Verlauf des Rennsteigs an der Straße nach Steinbach am Wald. Direkt am Ortseingang steht der futuristisch angehauchte Glasobelisk, welcher vor allem in den Abendstunden durch seine künstlerische Beleuchtung weithin sichtbar ist. Am Rennsteigpark vorbei folgten wir im Ort dem Höhenwanderweg an der Straße weiter. In einem kleinen Imbiss legten wir eine Pause ein. Zwei Drittel der Tagesetappe hatten wir bereits geschafft.
Nach der Stärkung gingen wir die Straße weiter, am Ortsausgang von Steinbach vorbei, hinunter zum Kreisverkehr an der alten Ziegelhütte und bogen dann nach rechts wieder in die dichten Wälder ab. An der Schleifenwiese passieren wir die Landesgrenze zwischen Thüringen und Bayern. Eine Tafel erinnert an die Wiedereröffnung der innerdeutschen Grenze und des Rennsteiges am 28.04.1990. Ab hier verläuft der Rennsteig auf dem sogenannten Schönwappenweg. Seinen Namen hat dieser Weg aufgrund der vielen Grenz- und Dreiherrensteine, die mit Wappen der jeweiligen Grafschaften verzierten wurden. Einer davon ist der Kurfürstenstein, der bereits 1515 aufgestellt wurde und damit der älteste Grenzstein am Rennsteig ist. Auf den letzten Kilometern zum Ziel folgte der Rennsteig an der Loquitzquelle vorbei, der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Noch einmal erinnerten Gedenktafeln am (6) Rastplatz Kolonnenweg 724m an frühere Zeiten.
Das Rennsteighaus befindet sich in der Mitte von (7) Brennersgrün 700m. Im Erdgeschoss befindet sich ein großer Aufenthaltsraum mit einem Getränkekühlschrank. Wir bedienten uns und kontaktierten den Vermieter. Der Inhaber einer Pizzeria aus dem Nachbarort kümmert sich um die Vermietung. Er hatte den Schlüssel für die Übernachtungsräume deponiert und uns bereits Essen in die Küche gestellt, welches wir nur noch aufwärmen mussten. Wir bekamen zwei 4-Bett-Zimmer mit Einzelbetten und konnten duschen. Dann machten wir es uns bequem. Aßen unsere Nudelportionen und tranken noch ein Bier. Es war ein langer anstrengender Tag für uns gewesen.
Bildergalerie:
1) Gasthaus am Rennsteig 687m- 2) Rasthaus Kalte Küche 688m
- 3) Zollhaus Schildwiese 700m
- 4) Der Rote Turm 680m
- 5) Steinbach im Wald 605m
- 6) Rastplatz Kolonnenweg 724m
- 7) Brennersgrün 700m
20,8km 5h 182hm 447hm leicht
In der Nacht hatte es ordentlich geregnet. Am Morgen hatten Sorge, dass es entgegen der Wettervorhersage doch nicht trocken bleiben sollte. Der Wirt der Pizzeria brachte am Morgen ein ordentliches Frühstück mit frischen Brötchen vorbei. Wir machten es uns im Essenraum neben der Küche gemütlich und frühstückten. Da wir aber eine sehr lange Etappe vor uns hatten, packten wir im Anschluss unsere Sachen und machten uns auf den Weg, denn wir wollten spätestens den Zug nach 15 Uhr bekommen.
Nachdem wir das kleine Dorf (1) Brennersgrün 690m hinter uns gelassen haben, wandern wir in Richtung Grumbach. Dabei überquerten wir noch zweimal die ehemalige innerdeutsche Grenze. Der Rennsteig führt weit um den Ort über die Wiesen herum. Danach tauchten wir in den Wald wieder ein und wanderten auf sehr schmalen Wegen nach (2) Rodacherbrunn 685m. Am Ortseingang fiel uns sogleich ein kleines Haus mit einem Zaun aus gebrauchten Skiern auf. Der Besitzer muss viel Sport gemacht haben. Im Ort liefen wir etwa 500m auf der Straße entlang und bogen dann zur linken Seite wieder in den Wald ein. Noch einmal querten wir die Straße und wanderten danach auf einem fast schnurgeraden Weg bis zum Rastplatz (3) Am Kulmberg 677m. Dort hatten wir die Hälfte der Tagesetappe geschafft. Wir legten eine Pause ein und tranken etwas. Interessanterweise trafen wir hier auf einmal einige Wanderer, die das gleiche Tagesziel hatten. Das war an den Vortagen nicht so.
Nach der Pause führte der Weg in einem großen Bogen um den stillgelegten Diabas-Steinbruch herum. Danach erreichen wir dann den Ort Schlegel. Am Ortseingang stand eine Hinweistafel, die auf den offiziell älteste Apfelbaum im Thüringer Wald hinwies. Er wird sogar als Naturdenkmal geführt und ist knapp 400 Jahre alt. Leider hatten wir es etwas eilig und konnten den Abstecher nicht machen.
Nun ging der Weg weiter immer an der Straße entlang. Dazu hatte man die Seitenränder runter gemäht, damit die Wanderer nicht auf der Straße gehen müssen. Über den Krähenhügel verläuft der Rennsteig weiter zur (4) Wegspinne 586m, einem alten Kreuzungspunkt der alten Handelsstraßen. Dann erreichten wir den Ort Kießling. Und weiter mussten wir an der Straße entlangwandern. Kurz vor Ortseingang (5) Blankenstein 426m kamen wir noch am Rennsteigbrunnen vorbei. Dann ging es steil durch den Ort hinunter in das Zentrum. Jetzt merkten wir die vielen Kilometer der letzten Tage in den Oberschenkeln. In Blankenstein befindet sich der Wanderstützpunkt kurz hinter dem Bahnhof. An der Schranke führten uns die letzten Stufen hinunter zum Imbiss. Bereits auf unserer Radtour an der Saale entlang hatten wir hier das Rostbrätel gegessen. Wir bestellten uns eine Portion und machten es uns auf der Terrasse gemütlich. Dann mussten wir uns aber beeilen, um unseren Zug zu bekommen. Ein letztes Gruppenfoto wurde noch gemacht und dann stiegen wir in den Zug nach Saalfeld ein. Von Saalfeld machten sich dann alle auf den Heimweg.
Nach 3 Tagen hatten wir den offiziellen Endpunkt des Rennsteiges erreicht. Für mich schloss sich hier nach 35 Jahren ein Kreis. Wir hatten Glück mit dem Wetter gehabt. Die beiden Unterkünfte haben uns sehr gefallen. Die Betreiber hatten sich sehr nett um uns gekümmert. Auf dem Rennsteig wurde man überall freundliche gegrüßt, das wird mir in Erinnerung bleiben. Aber leider mussten wir auch hier sehen, wie stark der Wald an vielen Stellen geschädigt war. Aber man konnte auch sehen, dass es große Bemühungen für die Aufforstung gibt und vielleicht ist in einigen Jahren wieder ein Wandern durch schöne Wälder möglich, wie ich es bei meiner ersten Wanderung erleben konnte.
Bildergalerie:
1) Brennersgrün 690m- 2) Rodacherbrunn 685m
- 3) Am Kulmberg 677m
- 4) Wegspinne 586m
- 5) Blankenstein 426m
Eine Erklärung zu den Symbolen und den Daten der Tagesetappen finden Sie unter dem Link "Zeichenerklärung". Weitere Informationen zur Tourenplanung und eine Checkliste stehen für Sie in der Rubrik "Hinweise" bereit.